2 Jahre Knast für’n Essen bei Mutti

So, heute ist das Fass voll, ich hab lange nur meinen Statistikeintrag über die aktuellen Fallzahlen hier in Argentinien aktualisiert, aber jetzt ist wieder mal ein Themenbeitrag gefordert. Heute veröffentlichte die Regierung im Boletín Oficial, dass ab sofort und prinzipiell im gesamten Bundesgebiet sämtliche sozialen Treffen mit Menschen außerhalb deines eigenen Haushalts verboten sind. Und zwar unter Androhung von bis zu 2 Jahren Knast wegen potenzieller Verbreitung einer Seuche.

Es gibt ein paar Einschränkungen, die festlegen, dass diese Anordnung nur in den Gemeinden gilt, die aktuell in „Stufe 5“ der fünfstufigen Quarantäne-Skala sind (wo COVID also auf unbekannten Wegen und in hoher Zahl weitergereicht wird), aber davon haben wir inzwischen einige. Der ganze Großraum Buenos Aires sowieso, aber auch etliche Großstädte im Inland sowie auch einige mittelgroße, in denen es sehr viele Fälle gibt.

Das Präsidialdekret führt weiter aus, dass kulturelle, religiöse oder zu Erholungszwecken stattfindende Treffen bis zu 10 Personen weiterhin erlaubt sind, wenn sie a) draußen oder b) bei absoluter Beachtung von guter Belüftung und Abstandsregeln von nicht unter 2 Metern stattfinden. Familienfeiern oder auch einfach nur das Sonntagsessen bei Mutti sind aber bei egal welcher Zahl von Teilnehmern verboten, es sei denn, diese Personen leben ohnehin unter einem Dach.

Bin gespannt, wie die Regierung das durchsetzen will, denn de facto ist sie dazu ja auf Denunzianten angewiesen. Oder auf die Blödheit der Leute, die Bilder ihrer Feiern auf Facebook und Instagram teilen. Und ja, die gibt es durchaus. Vor einigen Wochen machte z.B. die Aufzeichnung eines Livestreams von Facebook die Runde, bei der sich eine Gruppe von Lokalpolitikern bei einem Geburtstag während der ersten Stufe unserer Quarantäne gefilmt hatte, und bei dem der Mensch hinter der Kamera laut gröhlend immer wiederholte, dass sie ja jetzt alle in den Knast müssten, hahaha. Tatsächlich interessierte sich die Staatsanwaltschaft anschließend sehr für das Video, aber bei den Politikern handelt es sich um Parteigänger des Präsidenten, ich wage zu bezweifeln, dass denen wirklich Knast oder auch nur ein Bußgeld droht.

Mein Verdacht ist, dass auch die jetzt verkündete absurde Verschärfung der hiesigen Hygieneregeln weniger dazu gedacht ist, tatsächlich die Verbreitung von COVID einzudämmen, sondern vielmehr in erster Linie nach Möglichkeit Medien und Öffentlichkeit mit einem neuen Thema beschäftigen soll, damit die Regierung in Ruhe ihre Justizreform durch den Kongress bringen kann. Und die hat’s in sich. Im Zentrum stehen die Bundesgerichte, die nach Ansicht der Regierung zu stark unter politischem Einfluss stehen und ihr Fähnchen zu stark nach dem Wind drehen. Das ist nicht ganz verkehrt: als es so aussah, als ob Cristina nicht wiederkäme nahmen plötzlich alle möglichen Korruptionsverfahren gegen sie Fahrt auf, nur um nach dem Wahlsieg Albertos plötzlich wieder sehr langsam voranzuschreiten. Umgekehrt tauchten auf einmal etliche Verfahren gegen den früheren Präsidenten Macri auf.

Wäre das aber der einzige Grund, müssten sich die Herrschaften ja eigentlich keine Sorgen machen, zurzeit regieren sie ja schließlich. De facto sind aber vor allem bei den Bundesrichtern in der Hauptstadt nach wie vor etliche der Verfahren gegen Vizepräsidentin Cristina anhängig – und die möchte diese lästige Plage endlich loswerden. Der Trick: man vergrößert einfach die Zahl der Richterposten von 23 auf 46 – allein in der Hauptstadt – und weiteren in den Provinzen. Die kann man dann mit treuen Parteigängern besetzen, die einen flugs von allen Schandtaten freisprechen.

Das zumindest ist die Befürchtung der Opposition – und nicht ganz zu Unrecht. Denn das hat früher sehr gut funktioniert, Cristina hat so während ihrer Amtszeit mehrere Verfahren wegen Bereicherung im Amt abgeschmettert. Die Regierung behauptet zwar, die bereits laufenden Verfahren verblieben bei den Richtern, denen sie schon zugeteilt seien, aber da kann man sicher nach der Reform noch was drehen. Zum Beispiel könnten die Verfahren derart in die Länge gezogen werden (keine Seltenheit hier), dass der zuständige Richter in die Rente entlassen wird oder – Gott bewahre – stirbt und dann ersetzt werden muss.

Oder man findet Verfahrensfehler bei der Besetzung der Richter. Das ist ein zweites Standbein der Reform, mit der aktuell 10 unter der früheren Regierung besetzte Posten als ungültig erklärt werden sollen. Die Verfassung verlange schließlich, dass auch der Senat der Ernennung zustimme, was nicht geschehen sei (im Senat hat die Regierung eine absolute Mehrheit und könnte die Richter problemlos durchfallen lassen). Die Opposition hingegen argumentiert, der Oberste Gerichtshof habe bereits vor Jahren entschieden, dass dies für diese Richterposten nicht notwendig sei. Wer da recht hat…

Womit wir aber beim nächsten Justizorgan wären. Neben den Bundesgerichten steht auch der Oberste Gerichtshof in der Kritik, er „funktioniere nicht richtig„, sei „blockiert“ (Alberto). Wie das bei fünf Richtern sein kann muss er mir allerdings noch mal erklären. Zumal er selbst als Kabinettschef von Nestor Kirchner und Cristina als Senatorin 2003 für genau die Reform verantwortlich waren, die das Oberste Gericht von neun auf fünf Stellen verkleinerten – damals ein hochgelobtes Unterfangen. Offiziell hat Alberto bislang auch immer verteidigt, er wolle gar nicht die Zahl der Obersten Richter erhöhen sondern nur die Blockade beseitigen. Um diesen Schein zu wahren, hat Alberto also erstmal eine Kommission berufen, die in 90 Tagen einen Vorschlag zur Reform des Obersten Gerichts machen soll.

Wes Lied die singen werden kann ich mir schon vorstellen. Eines der elf Mitglieder ist der Rechtsanwalt von Cristina, Carlos Beraldi.

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26 Antworten zu 2 Jahre Knast für’n Essen bei Mutti

  1. Marcel schreibt:

    Hallo Helge
    Versteh ich nicht wieso Argentinien trotz all der monatelangen Anstrengungen dieses Virus nicht besser in den Griff bekommt und wir haben wir fast keine Probleme. Zumindest im Departement Colonia ist das Virus fast inexistent. Aktuell noch ein pendenter Fall im Departement nachdem wir vorher wochenlang keinen einzigen mehr hatten.
    Jetzt verlangen sie auch noch den Test, wer nach Uruguay kommen will per Fähre, stolze 100 US$ soll das Teil kosten. Wir würden eigentlich gerne wieder mal nach BsAs kommen, aber so ist das alles nur noch mühsam, riskant und sauteuer!
    Dann hoffen wir mal, dass dieser Albtraum bald mal vorbei geht.
    Gruss über den Fluss
    Marcel

    • llamadojorge schreibt:

      Moin Marcel, oh, mir fallen da eine Reihe Gründe ein, weshalb das in Uruguay besser verläuft als in den umliegenden Ländern (ist ja nicht nur Argentinien, wir sind im Ländervergleich ja zumindest was die Todeszahlen angeht noch relativ gut dran).

      • Ihr in Uruguay seid erheblich weniger Menschen – 2 Mio. verteilt auf die Fläche der halben Provinz Buenos Aires plus 1,3 Mio. im einzigen Großraum, Montevideo -, das macht das Abstand-Halten und die Verfolgung von Infektionsketten natürlich deutlich leichter
      • Offenbar hat eure Regierung es nicht versäumt, rechtzeitig zu testen und dann konsequent die Infektionsketten zu unterbrechen, auch ohne Quarantäne für alle. Hier dachte die Regierung wohl, mit einer früh verordneten Quarantäne und totaler Ausgangsbeschränkung für das gesamte Land – bei, ich erinnere nochmal, 56 Fällen vor allem in Buenos Aires – das Problem in den Griff zu kriegen. Und hat, als das nicht funktionierte, trotzdem weiter auf das lahme Pferd gesetzt, bis schließlich der soziale Druck so groß wurde, dass sie gar nicht anders konnten, als die Beschränkungen wieder zurückzunehmen.

      Wenn man von den asiatischen Ländern eines lernen kann, dann, dass überdurchschnittliches Testen das A&O bei einer Pandemie ist. Und das ist hier nie passiert. Und dann die konsequente Isolation der Infizierten. Nicht unbedingt mit den Auswüchsen wie in China, wo angeblich deren Türen zugeschweißt wurden, aber immerhin ohne Pardon. Es mag sein, dass die Tests am Anfang gar nicht verfügbar waren und Argentinien angesichts der wirtschaftlichen Probleme auch Bedenken hatte, die Kosten für die Tests nicht stemmen zu können. Aber mein Verdacht ist, dass uns die monatelange Quarantäne weit mehr gekostet hat und noch kosten wird. Insofern finde ich die Haltung eurer Regierung nur logisch, auf Tests zu bestehen und diese eben von den Einreisenden zahlen zu lassen. Wer Geld für Urlaub hat, muss auch Geld dafür haben.
      Ich muss gestehen ich sehne mich nach einer Regierung, die nicht nur schöne Reden für die Tribüne schwingt (Alberto: „Jeder Tote ist einer zuviel“, „Ich sorge mich um jeden Argentinier“), sondern konsequent die tatsächlichen Probleme angeht. Es heißt, die oben skizzierte Justizreform soll jährlich (!) einen Betrag von 1,3 Mrd. Pesos allein an Gehältern für die zusätzlichen Richter, Staatsanwälte und deren Helfer kosten. In der aktuellen Situation wäre das Geld anderswo in meinen Augen besser angelegt.

      • Marcel schreibt:

        Hola Helge
        Nun es ist eigentlich umgekehrt – die Agglomeration Montevideo hat rund 2 Mio EW und der Rest des Landes 1.5 Mio. Aber auch in der Zona Conurbana hats ganz ordentlich grosse Villas, aber bis dorthin ist das Virus zum Glück kaum je gelangt.
        Dazu noch der Seguro de Paro, der vielen geholfen hat, damit sie nicht nach draussen müssen, allerdings sind diese Zahlungen glaub jetzt ausgelaufen.
        Gut sie geben sich viel Mühe, im Einkaufszentrum wird Fieber gemessen, man muss sich desinfizieren, dazu Maskenpflicht in Geschäften usw usw.
        Na ja ob testen, testen, testen wirklich das Allheilmittel ist? Taiwan hat gerade mal 3’475 Tests pro Mio gemacht und 20 Fällen/Mio resp. 0.3 Toten Mio hervorragend abgeschnitten, währenddessen die Amis testen wie irr und trotzdem nix hilft.
        Oder wenn Du mal Vietnam, Laos und Cambodia anschaust — kaum Tests und kaum Fälle und Tote gar keine (zumindest offiziell)
        Auch Hongkong erstaunt, obwohl dort gewisse sogar in 2m2 Käfigen leben infolge Wohnungsnot – gut die haben rund 80’000 Tests/Mio aber auch nur 479 Fälle Mio und 5 Tote Mio.
        Ich glaub man kann das nicht nur mit testen, testen, testen erklären. Schade, dass es in Argentinien so übel rausgekommen ist, obwohl die sich eigentlich viel Mühe gegeben haben und keinen Coronablödschwätzer und -verniedlicher wie Trump, Bolsonaro oder Obrero als Präsidenten haben.
        Interessant auch die Studie aus Italien, die über alles gesehen davon hinausgeht, dass nur jeder 6 bis 7. in den Coronastatistiken erfasst wurde. Das ist in etwas deckungsgleich mit einer Studie aus Wuhan, die von 87% nicht erfassten Fällen ausgeht, also auch ein Dunkelzifferfaktor von 6.7!
        .
        Eher sehr übel, die Corona – „Querfront“ Demos in Berlin vom Wochenende. Habe mir einige dieser Coronaverniedlichervideos reingezogen, aber das ist primär pseudokritische Gehirnwäsche und Corona dient jenen Kreisen sowieso eher um gegen die „Merkeldiktatur“ zu protestieren.
        Eine ähnliche Bewegung gibts ja in Argentinien auch, die Corona benutzt um gegen die Regierung zu protestieren. Vielleicht ist das ein Unterschied zu Uruguay – wir haben hier keine solche Bewegung (oder ich habe zumindest keine Kenntnis von so einer).
        .
        Good Luck und hoffen wir auf ein baldiges Ende….auch wenn es noch nicht wirklich so danach ausschaut
        Saludos
        Marcel

      • llamadojorge schreibt:

        Stimmt, ich hab bei Wikipedia nur die Einwohnerzahl von Montevideo selbst gelesen, nicht die des gesamten Ballungsraums. Wie dem auch sei, ihr seid insgesamt wenige und vielleicht reisen die Urus auch nicht so viel wie die Argentinier. Flüge aus Montevideo raus sind glaub ich ’ne ganze Stange teurer als aus Buenos Aires.
        Viel Testen hilft vor allem am Anfang der Pandemie, wenn es noch nicht so viele Fälle sind und man die quasi noch einzeln betreuen kann. Wenn erstmal die infección comunitaria mit unbekannten Verbreitungswegen da ist, dann muss man schon sehr großen Aufwand betreiben, um nicht nur zu testen, sondern eben auch die auftauchenden Fälle nachzuverfolgen. Und das können die wenigsten Länder leisten (Taiwan und Südkorea haben aber auch das vorgemacht mit Hilfe von Smartphone-Triangulation, ohne App). Wenn die argentinische Regierung statt des landesweiten Lockdowns solche Maßnahmen frühzeitig ergriffen hätte, wären wir heute sicher nicht da, wo wir sind. Aber hinterher ist man eben immer schlauer. Die Asiaten waren durch den SARS-Ausbruch vor knapp 20 Jahren einfach besser vorbereitet.
        Von der Corona-Demo in Berlin hab ich mir 10 Minuten des knapp 40-minütigen Videos von Dunja Hayali reingezogen, das hat mir gereicht. Unfassbar, dass die Mami mit Angst vor der Impfung sich mit den rechten Arschlöchern um Adolf Hildmann und Co. auf die Straße stellen ohne rot zu werden. Selbst wenn ich in Punkto Corona dieselbe Meinung vertreten würde: Man muss doch mal gucken, mit wem man sich da plötzlich gemein macht! Schon das würde mir glaube ich so sehr zu denken geben, dass ich womöglich mein Weltbild der bösen Impfmafia hinterfragen würde.

      • llamadojorge schreibt:

        Hab gerade folgende Serie von Tweets gefunden, die ich sehr interessant fand (wenn jemand weiß, wie die unroll-Funktion in Kommentaren funktioniert, bitte melden).

        Darin bebildert der Autor mit Hilfe von Google-Bewegungsdaten (wir tragen schließlich alle unser Smartphone in der Tasche), dass die Argentinier de facto nicht zu doof sind und sich nicht benehmen können, sondern sich im Gegenteil in den meisten Kategorien sogar vorbildlich verhalten, d.h. sich weniger im öffentlichen Raum aufhalten und mehr Zeit zuhause verbringen als ein großer Teil der Bevölkerung anderer Länder. Was hier anders läuft, so seine Schlussfolgerung (der ich mich anschließe): die Regierung hat versäumt, ihren Teil des sozialen Vertrags einzuhalten, nämlich ein funktionierendes Netzwerk zum Testen und zur Nachverfolgung von Infektionsketten aufzubauen.

      • Marcel schreibt:

        Na ja, so eine Corona App gibts in Uruguay glaub auch noch nicht lange, weiss gar nicht ob sie überhaupt schon in Betrieb ist, gemäss einer Meldung von heute oder erst kommt
        https://www.gub.uy/ministerio-salud-publica/politicas-y-gestion/informacion-sobre-aplicacion-coronavirus
        Und bei uns mit wenigen Fälle könnte das noch funktionieren, aber mit 100’000+ Fällen weiss ich nicht ob das wirklich noch viel bringt mit dem ganzen nachverfolgen und tracen bis zum abwinken.
        In der Schweiz gibts seit einigen Wochen jetzt auch so ein App, aber freiwillig. Keine 20% der Bevölkerung hat es runtergeladen und benutzen tun es vermutlich viele gar nicht.
        In Argentinien sinds akt. 220’682 Positive bei 794’544 Tests — also 27.7% — gut das über die ganze Dauer.
        Hast Du Zahlen wie hoch die positive Testrate z.B. in den letzten 10 Tagen im Schnitt war, ob die eventuell abgenommen hat?
        Vielleicht ist Argentinien auch schon ziemlich durchseucht? Weiss nicht wie hoch der Dunkelzifferfaktor ist. In der Schweiz geht man gemäss Studien von einem Dunkelzifferfaktor von 7 bis 11 aus, die es haben oder hatten. Hast mal was gehört wieviel der in Argentinien sein könnte?

      • llamadojorge schreibt:

        Mit ’ner speziellen App hat das gar nix zu tun, es gibt einfach genug Leute, die die GPS- oder GLONASS-Funktionen ihrer Handys permanent eingeschaltet lassen. Auf diese Weise lassen sich natürlich sowohl individuelle als auch kollektive Bewegungsprofile erstellen. Geht im Groben übrigens auch über die Triangulation mit mehreren Mobilfunk-Antennen (so haben ja Taiwan und Südkorea Infizierte oder potenziell Infizierte überwacht und auch deren direkte Kontakte ermittelt, durch simple Nähe von Smartphones zueinander über einen Zeitraum von mehreren Minuten).
        Bei den über 100.000 aktiven Fällen hier halte ich eine Nachverfolgung auch für komplett illusorisch, da müsste man schon richtig Geld in die Hand nehmen und einen enormen Aufwand treiben, um jetzt noch auf diesem Weg irgendwas auszurichten. De facto werden ja aber nicht mal die nachweislich Infizierten ein zweites (oder drittes) Mal getestet, wenn sie keine schweren Symptome zeigen, sondern sie werden in die häusliche Quarantäne verbannt und dürfen einfach nach 10-14 Tagen als „genesen“ wieder raus, infektiös oder nicht. Von Nachverfolgung von Kontaktpersonen ist da gar keine Rede.
        Die positiven Tests liegen aktuell landesweit bei 45% (!), also noch deutlich höher als über die gesamte Zeit. Abgenommen hat da gar nichts, im Gegenteil. Ich rechne auch damit, dass es eine sehr hohe Dunkelziffer an Fällen gibt, könnte die aber nicht beziffern. Im April/Mai gab es mal freiwillige Schnelltests an den Bahnhöfen in der Innenstadt, um ein Gefühl für die Durchseuchung zu bekommen. Damals gab es nur acht Positive bei 1270 Tests, also eine sehr kleine Quote. Ähnliche aktuelle Untersuchungen kenne ich nicht. Die Ergebnisse dürften inzwischen sehr anders ausfallen.

  2. Marcel schreibt:

    Nachtrag: Es sind ja fast alle Länder in Südamerika, die übel dran sind. Chile, Peru, Kolumbien, Bolivien – da siehts noch einiges übler aus als in Argentinien und die haben glaub auch alle eher Hard Lockdown. Gut den Zahlen von Venezuela traue ich jetzt nicht wirklich und dann bleibt nur noch Paraguay, die haben mit 802 Fällen/Mio zwar über doppelt soviele wie Uruguay mit 372, aber mit 8 Toten Mio haben die noch weniger als wir mit akt. 10.
    Und Brasilien kann man vergessen, vermutlich haben die dort sogar einen höheren Dunkelzifferfaktor von 10 oder noch mehr, dann hätten dort schon ein Achtel der Bevölkerung eine Infektion gehabt.
    Ich vermute in Ländern mit schon über einer Mio Fälle wie USA, Brasilien, Indien und vermutlich noch einigen anderen kann man das Virus gar nicht mehr aufhalten. Da bleibt dann nur noch die Herdendurchseuchung (sofern man nicht wiederansteckbar ist) – im Prinzip je schneller eine solche vorangehen würde, je schneller wäre der Spuk vorbei…allerdings müsste man da durch ein Tal der Tränen gehen, aber ob man sich das wirklich noch ersparen kann in jenen Hot-Spot-Ländern?
    Oder es gibt in absehbarer Zeit eine Impfung…

    • llamadojorge schreibt:

      Von Kolumbien weiß ich zufällig, dass die sich auch nicht besonders geschickt angestellt haben. Mitten in der Pandemie veranstalten sie zur Wiederankurbelung der Wirtschaft einen Tag ohne Mehrwertsteuer. Logisch, dass an dem Tag alle die Geschäfte gestürmt haben, oder? Hätte man auch drauf kommen können.
      Bild vom día sin IVA aus Kolumbien
      Was die Länder mit Millionen Fällen angeht fürchte ich hast du recht. Wahrscheinlich aber nicht nur die. Für manche Länder sind womöglich 100.000 schon zu viel. Hier fühlt es sich im Moment so an.

      • Marcel schreibt:

        Na immerhin tragen sie noch alle Masken 😉
        Ist ja eh ein heimtückisches Teil dieses Virus — Israel hatte es im Mai so gut im Griff, praktisch keine Fälle mehr über Wochen und jetzt um die 2000 am Tag, die 2. Welle ist dort im Vergleich zur ersten ein Tsunami. Gut bei den Toten sind sie nach wie vor gut dabei mit 59/Mio.
        Wo der Tipping Point ist, nach der die Pandemie unkontrollierbar wird, das ist vermutlich wirklich pro Land individuell zu betrachten.
        War der schwedische Weg am Ende doch der richtige? Todesfälle haben die dort mittlerweile fast keine mehr, in der Schweiz gibts auch fast keine mehr.

  3. Marcel schreibt:

    Betreffend Deiner Lieblingsfeindin Cristina: Logisch will die jetzt eine Justizreform unter Dach und Fach bringen, nachdem sie unter Macri’s Justiz 4 Jahre geplagt wurde, will sie das in Zukunft vermeiden… so läuft das nun mal in Argentinien, von einer nachsichtigen Justiz haben auch schon die Militärjuntamitglieder lange profitiert bis einige zumindest dann in der Aera Kirchner doch noch zur Rechenschaft gezogen wurden.
    Und Macri’s neuer Chef, „unser“ Gianni Infantino, der selbstherrliche Sonnenkönig vom Sonnenberg (auf dem steht der FIFA Hauptsitz in Zürich) wurde jetzt vom Sonderstaatsnawalt Keller in der CH auch noch angeklagt vor allem wegen geheimen Treffen allfälliger Absprachen mit dem noch aktuellen Bundesstaatsanwalt der Schweiz, der aber in Kündigung ist.
    Aber Macri hat dort auch noch einen vermutlich sehr gut dotieren Job als FIFA Stiftungspräsident bekommen — für Bildungsprogramme und Entwicklung — ausgerechnet Macri – aber dort muss er ja nur noch Geld verteilen…und selber einstreichen…

  4. Marcel schreibt:

    Das war früher mal so – inzwischen findet man für 800 US$ Flüge und tw. noch weniger bis nach Zürich aus MVD z.B. mit Air Europa. Teilweise gibts auch mit Iberia gute Angebote. Meine Frau flog von 2 Jahren mit Copa Airlines via Panama nach NYC für auch unter 800 $.
    Montevideo-Carrasco ist aktuell glaub der einzige Flughafen in ganz Südamerika von wo aus man noch ziemlich unbehelligt in die EU und CH fliegen kann.
    In Ezeiza läuft ja nicht mehr sehr viel –heute 2 Abflüge nach Amsterdam, einer nach London, einer nach Doha und dann noch Santiago und 3 innerhalb Argentiniens…

  5. Marcel schreibt:

    Ist mir schon klar, das das GPS Tracking und eine Corona App, die angeben soll, wenn man sich in der Nähe eines Erkrankten aufgehalten haben soll zwei verschiedene paar Schuhe sind. In der Schweiz probieren sie es jetzt mit so einer speziellen Corana App.
    Ist ja Wahnsinn wenn mittlerweile 45% positiv angegeben — bei uns in Uruguay sind aktuell so um die 0.3% (z.b. gestern 9 Positive auf 2’878 Tests).
    Frage mich wie gross die Durchseuchungsrate resp. Dunkelziffer z.B. im Grossraum BsAs schon sein muss, wenn soviele positiv angeben. Hast Du da keine Schätzungen?
    Und wenn man dann noch so Stories liest wie die von „Don Avila“, diesem Vollpfosten der kein Asado in Santiago de Estero ausliess und dutzendweise Leute ansteckte, dann muss man sich nicht mehr wundern…
    https://www.lapoliticaonline.com/nota/128425-don-avila-el-positivo-de-coronavirus-que-tiene-en-vilo-a-santiago-del-estero/

    • llamadojorge schreibt:

      Schätzungen zur Dunkelziffer hier finde ich tatsächlich überhaupt keine. Rein aus dem Bauch heraus würde ich bei derart hohen Prozentzahlen auch sagen, dass sie etwa 10fach so hoch sein müsste wie die offiziellen Zahlen der Infizierten. Andererseits treffen die hier bereits eine strikte klinische Vorauswahl, wer überhaupt getestet wird, und das sind dann eben in erster Linie die Fälle, bei denen eine Infektion wahrscheinlich ist. In Santiago del Estero wäre ein klinisches Kriterium zum Beispiel, ob man auf einer der Grillparties war, die Don Ávila frequentiert hat. Dann wird man wahrscheinlich aber auch nicht getestet, sondern einfach der Gruppe der Positiven zugeschlagen, rein grundsätzlich, so wie das inzwischen ja auch bei Familienmitgliedern von Positiven ist. Mein Verdacht ist, dass Argentinien schlicht das Geld für die Tests ausgeht…

  6. Marcel schreibt:

    Was ist denn da in Argentinien neulich passiert — ein Heilungswunder? 57’000 Geheilte an einem einzigen Tag? Sind ja fast schon biblische Dimensionen

    https://www.worldometers.info/coronavirus/country/argentina/

    • llamadojorge schreibt:

      Siehe Coronavirus in Argentinien: aktueller Stand, da hab ich’s erklärt.

      • Marcel schreibt:

        Besten Dank für die Info. Gut ob das jetzt ein Taschenspielertrick war? In Uruguay machen wir es auch so glaub nach 14 Tagen sind es hier, werden die wieder für gesund erklärt.
        In Brasilien gesunden sie zumindest statstisch gesehen auch relativ schnell.
        Wenn man das in Argentinien schon vorher gemacht hätte, hätte es vermutlich auch nie soviel aktive Fälle gegeben, störend ist einfach, dass die so per Federstrich als gesund deklariert wurden, weiss nicht wie das vorher gehandhabt wurde, gab ja vorher schon geheilte. — gut ich kenne die Detailzahlen von Arg. auch nicht so gut wie Du.

  7. Marcel schreibt:

    Hola Helge
    Ist ja Wahnsinn was in Argentinien abgeht — heute 11’717 neue Fälle — das sind hochgerechnet auf die Bevölkerung mehr als in Brasilien oder Amiland. Stimmen diese Zahlen denn noch oder ist das Regierungspropaganda um die Massnahmen zu rechtfertigen?
    Bei uns irgendwie ähnlich auf Mininiveau, da gibt der COVID Visualizador heute 9 Fälle an, aber gestern waren es kumuliert 1551 und heute 1556 – also effektiv nur 5 neue Fälle, die anderen 4 waren vermutlich nur zweifach positiv getestete. Die haben sie bis vor ca 6 Wochen noch schön separat ausgewiesen und dann nur die echten neuen Fälle im Visualizador angegeben

    https://www.gub.uy/sistema-nacional-emergencias/pagina-embebida/visualizador-casos-coronavirus-covid-19-uruguay
    In den Worldometer Zahlen wird dann nur noch die korrekte Bestandesdifferenz von 5 angegeben.
    Mir scheint die machen das absichtlich seit ein paar Wochen, einfach lieber ein paar Fälle mehr angeben inkl. zweifach positiv getestete, sonst hätten wir noch das Luxusproblem, dass wir zu wenig Fälle hätten und die Bevölkerung zu unvorsichtig würde.
    Saludos
    Marcel

  8. Marcel schreibt:

    Korrigenda: Nein 8 Fälle waren im Visualizador heute und davon 5 echte. Hatte die falsche Zahl im Kopf. Aber das machen die jetzt seit Wochen schon so — immer ein paar wenige zuviel melden.

    • llamadojorge schreibt:

      Ja, die Zahlen hier sind besorgniserregend – aber auch nicht ganz glaubwürdig. Als positiv gilt derzeit auch, wer mit jemandem unter einem Dach lebt, der positiv getestest ist. Mein Schwager und die zwei Neffen sind also „positiv“ weil meine Schwägerin (Ärztin und daher besonders exponiert) positiv ist. Ohne weiteren Test (de facto hat mein Schwager den Test gerade negativ bestanden, die beiden Jungs wurden noch nicht getestet). Insofern halte ich es nicht für ganz ausgeschlossen, dass die hohen Zahlen zumindest zum Teil die Regierungsposition untermauern sollen, dass weiterhin eine strikte Quarantäne eingehalten werden soll. Was natürlich nicht der Fall ist, wovon ich mich gestern auf dem Weg zum Tierarzt selbst überzeugen konnte:

      Ich wurde sogar von einer Polizeistreife rausgewunken und meine Fahrzeugpapiere kontrolliert (was hier nicht unüblich ist und mir schon mehrfach passiert ist). Nach dem Grund meines Aufenthalts außerhalb der eigenen vier Wände haben die Polizisten aber gar nicht erst gefragt. Ich hab den Eindruck, die Politiker leben in einer Blase der eigenen Wichtigkeit und verkünden immer eine neue Verlängerung ihrer Maßnahmen, die Bevölkerung gibt aber schon seit einiger Zeit keinen feuchten Kehricht mehr auf das, was da von „oben“ kommt. Man schützt sich eben, so gut es geht, lebt ansonsten aber sein Leben. Aktuell würd ich einiges für eure Luxusprobleme geben, es kann aber irgendwann ganz schnell vorbei sein damit. Insofern: sei froh, dass bei euch wenigstens deutlich mehr getestet wird. Wenn die Behörden außerdem die wenigen gefundenen Fälle nachverfolgen, habt ihr eine Chance, das Ganze einigermaßen unbeschadet zu überstehen. Abgesehen davon, dass dieses Jahr natürlich so gut wie keine Touristen nach Uruguay kommen werden. Zumindest nicht von hier.
      PS: Meine aktuellen Kommentare und die letzten Zahlen findest du auf der Startseite meines Blogs aktuell immer oben. Ich komm nicht dazu, das täglich zu aktualisieren, aber ich bemühe mich. Die Kommentarfunktion hab ich da aber abgeschaltet, weil sich der Inhalt ja ständig ändert.

      • Marcel schreibt:

        Hola Helge
        Besten Dank für die Info, habe ich mir fast noch gedacht, dass die das ziemlich grosszügig abhandeln mit den Positiven, aber dann wirds auch viele Fälle haben, die vermutlich gar keine Positiven sind. Weiss auch nicht was das bringt, ausser die Massnahmen zu „rechtfertigen“. Ist so ein bisschen wie in Belgien, wenn dort jemand an COVID in einem Altersheim gestorben ist, haben sie gleich alle anderen Todesfälle ungetestet auch COVID zugeordnet, darum haben die so extrem viel Tote pro Mio.
        Ja dass es ganz schnell gehen kann mit einer Fallzunahme ist mir auch klar, hoffe es kommt nicht so weit.
        Habe heute gesehen, dass eine Buquebusreise von BsAs nach MVD retour inkl. aller Tests, eine Reisegesundheitsversicherung etc etc insgesamt bis zu 900 US$ kosten könnte — der pure Wahnsinn, kaum zu glauben – für das Geld fliege ich die Schweiz.
        .
        https://www.coloniaya.com/noticia.php?id=43654
        .
        Ansonsten war heute Pepe Mujica im Kaff, ist Wahlkampf für die Intendenzia im Department Colonia und er unterstützt die Kandidaten da etwas.
        Hat eine sehr eindrückliche Rede gehalten, über Gott und die Welt, und dass wir in Uruguay nicht wollen, dass wir so gespalten enden wie in Argentinien (la grieta)!
        Und dann hat er noch gemeint, dass Uruguay so gut in der Coronakrise ist im Vergleich, dass wir natürlich bevölkerungsmässig wenige sind, aber eben auch weil Uruguay 9.x% des BIP für das Gesundheitswesen ausgibt und die anderen Länder in Südamerika nur 3-4%.
        Gut da hat die Frente Amplio von 2005 bis 2020 einiges ausgebaut in Sachen Gesundheit. Meine Schwiegermutter kann hier gratis ins Spital gehen (in Arg. wird ihr das die arg. Krankenkasse von der Rente abgezogen, aber sie hat nichts mehr davon, seit Corona kann sie nicht mal mehr rüber).
        Gut Marina und ich haben eine Mutualista, die kostet was, aber auch nur rund 60 US$ pro Person im Monat plus noch einen Selbstbeteiligung für Arztbesuch & Medis.
        Allerdings will die neue Regierung jetzt auch bei den Gesundheitskosten sparen.
        Gruss und schönen Sonntag
        Marcel

  9. Pingback: Coronavirus in Argentinien: aktueller Stand | Me llaman Jorge

  10. Marcel schreibt:

    Hola Helge
    Du als Coronaspezialist kennst Dich ja sicher auch mit Tests aus (gut in Argentinien wird dann gerade der ganze Haushalt dazugenommen, da ist die Testqualität etwas obskur)
    Wir in Uruguay haben bekanntlich eigene LAMP Test Kits vom Institut Pasteur in Montevideo entwickelt und auch hier produziert und die sollen angeblich besser und genauer sein als die „Drosten“ RT PCR Kits sein.
    http://pasteur.uy/en/news/interinstitutional-group-of-scientists-present-uruguayan-serological-test/
    .
    Kann es mitunter sein, dass wir auch relativ wenig Fälle haben (neben all den anderen Massnahmen) weil wir einfach in Uruguay die genaueren Testkits benutzen, die eben auch nicht zu übersensibel sind und z.B. alte Coronaviren aus früheren Coronaerkrankungen noch anzeigen?
    Und man mit diesen PCR Test doch etwas zu ungenau und vor allem zuviel Positive angibt?
    Die Schweiz ist mittlerweile in die Weltspitze aufgestiegen in Sachen Corona!! Das explodiert dort nur noch so, aber Todesofper hat es immer noch nur sehr wenige.
    Mir ist dieser Gedanke heute gekommen als ich im Internet mit ein paar Covidioten rumgestritten habe. In jenen Kreisen wird der PCR Test ja stark kritisiert, vor allem die Anzahl der Zyklen.
    Ist da am Ende doch noch was dran? Ein RA Dr. Füllmich will Drosten, das RKI und WHO auf Billionen verklagen in Amiland mit einer Sammelklage….
    Würde mich mal interessieren, was Du dazu meinst zu diesen LAMP Test Qualität? Hier noch ein Artikel von einer anderen Fa.
    https://www.technologynetworks.com/diagnostics/blog/lamp-based-testing-for-covid-19-340508
    Gruss
    Marcel

    • llamadojorge schreibt:

      Moin Marcel, ich verfolge zwar das Geschehen rund um Corona einigermaßen aufmerksam, aber welcher Test welche Vor- und Nachteile hat maße ich mir nicht an zu beurteilen. Ich hab Politikwissenschaft studiert, nicht Medizin oder Mikrobiologie. Ich bin auch im Moment dicht mit Arbeit und kann mir nicht auch noch angucken, welche Unterschiede da zwischen diesen Tests bestehen – vorausgesetzt ich verstehe die überhaupt. Das überlass ich anderen, die da mehr von verstehen.
      Mein Eindruck ist auch, weniger als die Qualität der Tests ist es ihre Anzahl im Verhältnis zur Bevölkerung sowie der Wille der jeweiligen Behörden, die Infizierten zu isolieren und ihre Kontakte nachzuverfolgen. Das ist in meinen Augen das ganze Geheimnis. Das wurde in Uruguay von Anfang an gemacht, weshalb man die Zahlen gering halten und das durchziehen konnte. Zugegeben: in einem für lateinamerikanische Verhältnisse kleinen Land mit geringer Bevölkerungszahl ist das sicher einfacher als z.B. in Brasilien. Hier in Argentinien hatte die Regierung die kolossale Idee, uns alle für vier Wochen einzusperren, dann wäre das Problem erledigt. Das hielt sie wohl für die kostengünstigere Variante, im Gegensatz zum Aufbau eines landesweiten Labornetzes und Kapazitäten bei den Gesundheitsbehörden zur Nachverfolgung von Infektionsketten. Es waren aber nicht alle eingesperrt, denn der Gesundheitssektor musste weiterarbeiten, ebenso wie Polizei, Feuerwehr, Lebensmittelversorgung etc. Und auf die Weise hat sich das Virus eben trotz Quarantäne weiter verbreitet. Ohne Tracing der Kontakte von Infizierten war es dann aber unmöglich, das wieder einzufangen – und so nahm die landesweite Ausbreitung eben ihren Lauf. Im Kleinen ist im Übrigen das ganz genauso passiert. Ich weiß von einer Bekannten, die nach Corrientes aufs Dorf mit 2000 Einwohnern gezogen ist. Die hatten keine Infektionen, und ergo auch keine Quarantäne. Innerhalb des Dorfs lief alles wie immer – mit Asados, Mate, Kirchgang, Einkaufen. Am Eingang des Dorfs haben sie zwei Polizisten postiert, damit keiner rein oder raus kann. Irgendwann hatte sich aber einer der Polizisten bei einem von außerhalb angesteckt – und infizierte schließlich den Großteil des völlig ungeschützten und unvorbereiteten Dorfs. Duh.
      Was ich bei den Covidioten genauso häufig beobachte wie bei Klimawandelskeptikern ist der Zweifel an dem Spezialwissen von Experten und das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, sich das durch das Anschauen einiger Youtube- oder Telegram-Videos so weit selbst draufzuschaffen, dass man die Fehler in deren Arbeit entdecken könnte (sie reden ja so häufig davon, dass man selbst anfangen solle zu denken, alle anderen seien ja die Schlafschafe). In wenigen Ausnahmefällen kann man vielleicht einen Schwachpunkt in der Argumentation aufdecken, der aber in der Regel am Wahrheitsgehalt des zugrunde liegenden Sachverhalts selten rüttelt. Ich glaube aber, die meisten wären schon mit dem Lesen und Verstehen einer einzigen wissenschaftlichen Arbeit in diesen Feldern überfordert, weshalb die Belege dieser Skeptiker ja häufig auch so dünn sind. Da werden dann Argumentationsketten aufgemacht, die sich mehr oder weniger im Kreis drehen: das Argument von A ist der Beleg des Arguments von B, dessen Argument wiederum der Beleg von A ist. QED.
      Wenig hilfreich sind dann solche skrupellosen Gestalten wie Bhakti, die es eigentlich qua Ausbildung und Kompetenz besser wissen müssten, die aber mit kontroversen Büchern und vielen Fernseheinladungen schnell Kasse machen wollen.
      Und was die Schweiz angeht: Platz 36 bei den Infektionen ist ja nun noch nicht Weltspitze. Und die 250 Toten pro Million Einwohner sind auch kein außergewöhnlich niedriger Wert. Polen hat bei mehr als doppelt so vielen Infektionen nur die Hälfte der Toten (129 / Mio). Auch Deutschland steht bei mehr als drei Mal so vielen Infizierten mit 124 Toten / Million Einwohner noch deutlich besser da (alles Stand heute). Sei froh, dass du in Uruguay bist. Da gibt’s nur 55 Tote. Landesweit. Seit März. Hatten wir hier heute in vier Stunden (341 am Tag).

      • Marcel schreibt:

        Moin Helge
        Es geht um die letzten 7 Tage der neuen Fälle in der Schweiz, da hätten wir z.B. heute mit hochgerechnet auf D EW-Verhältnisse rund 83’000 Fälle gehabt und damit 5x höher als D. Die Schweiz hat auch viel mehr als Argentinien, Brasilien,UK, USA und sogar mehr als Frankreich, NL, wenn man die Neuansteckungen über 7 Tage für 100’000EW vergleicht. Nur Tschechien, Belgien, Andorra und Armenien ist aktuell höher als die Schweiz bei den Neuinfektionen. Daher gilt ab sofort nur noch für diese 4 Länder (plus noch einige Regionen in F) Quarantänemassnahmen in der Schweiz. Aus Argentinien könnte ich am heute 29.10. wieder ohne Quarantäne in die CH einreisen – verrückt !!- nur weil wir viel mehr Fälle im Verhältnis zur Bevölkerung haben.
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        Betreffend Test spielen die Zyklenzahlen eine entscheidende Rolle, ob zu wenig oder zu viel positive rauskommen. Mal abgesehen, dass es ein etwas anderes Testverfahren ist haben die das in Uruguay glaub gut eingestellt mit diesen LAMP Tests mit nicht soviel Zyklen (glaub um die 30), die auch extrem schnell sind bei der Resultatfindung (1-2h) und dabei noch sehr günstig.
        Unser Gesundheitsminister Salinas meinte dazu: „El ministro destacó que Uruguay está
        “otra vez a la punta del mundo”
        https://ladiaria.com.uy/salud/articulo/2020/8/salinas-nuevo-test-de-covid-19-por-metodo-lamp-anda-y-permitira-diagnosticos-en-una-hora/
        Hier noch ein wissenschaftlicher Artikel zu diesen Tests
        https://stm.sciencemag.org/content/12/556/eabc7075
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        Na dann schaun mer mal wie das weitergeht — morgen Minilockdown in Deutschland und Frankreich und in der Schweiz auch massiv verschärft ab morgen….
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        PS Im Departement Colonia sind wir bald wieder Corona-frei — noch 4 Aktive hats zur Zeit

  11. Marcel schreibt:

    Mit den Klimawandelverniedlichern und seit 2020 mit den Coronaskeptikern schlage ich mich auch schon lange rum. Ab und zu guck ich wieder mal ein paar Videos und mache mir dann einen Spass draus selber einen Fact Check zu machen und meist innert Kürze decke ich gröbere Widersprüche, Verkürzungen oder eben auch selbstreferenzierende „Beweise“ auf.
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    Für die ganzen Skeptikerkreise sind natürlich all die Unsicherheiten und tw. auch Widersprüche auch hochseriöser Wissenschaftler ein gefundenes Fressen, die picken sich dann immer nur das raus was ihnen gerade in den Kram passt und da viele dieser Tests nicht unterscheiden können ob einer hochkontagiös ist oder nur noch wegen wenigen Virenresten positiv angeben, gibts sehr viele Unsicherheiten und auch „Fehlentscheide“. Wenn einer der in einer Bar war symptomlos positiv getestet wurde und man nicht beurteilen kann, ob er eine Ansteckungsgefahr war oder nicht mehr, aber dann wie neulich in Bern 300 andere Barbesucher in Isolation müssen, dann ist das dann sehr schwierig zu begründen und auch ein Verhältnisblödsinn und auch volkswirtschaftlich kann man sich das auf die Dauer gar nicht leisten.
    Bislang in Welle II haben wir in D oder der CH immer noch eine sehr tiefe Letalität, gut das Problem sind die Intensivbettenkapazitäten. Die nächsten 2-3 Wochen werden spannend werden. Dazu noch die hoffentliche Abwahl des grössten Coronaverniedlicher und Klimawandelleugner im Weissen Haus — hoffen wir, dass das nicht in einem Bürgerkrieg endet – bei dem Typen ist alles denkbar!

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